Pfinztal: Grundstücksnachbarn müssen einen Ballspielplatz für Kinder im allgemeinen Wohngebiet hinnehmen

Datum: 03.08.2018

Kurzbeschreibung: 

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat es mit Beschluss vom 26. März 2018 abgelehnt, Grundstücksnachbarn vorläufigen Rechtsschutz gegen die bauplanungsrechtliche Zulassung eines Ballspielplatzes für Kinder im einem Wohngebiet zu gewähren. Denn bei Errichtung der konkreten Anlage könne und müsse gewährleistet werden, dass im Wesentlichen nur Kinder bis 14 Jahren den Platz nutzten.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Pfinztal, welches in einem durch den Bebauungsplan „Hinter dem Dorf“ festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liegt. In diesem Plangebiet liegt auch das westlich angrenzende, bislang unbebaute Nachbargrundstück. Mit der vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossenen 5. Änderung des Bebauungsplans „Leonhardshäusle“ wurde dieses Grundstück nun als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Ballspielplatz für Kinder“ festgesetzt. Im Textteil der planungsrechtlichen Festsetzungen heißt es, dass dort „ein Ballspielplatz für Kinder mit den Höchstmaßen 15 m x 30 m und zwei darauf in den Boden verankerte (Fußball-)Tore“ zulässig seien, die Spielfeldfläche aber einen Mindestabstand von 2,5 m zu den Nachbargrundstücken einhalten müsse.

 

Die Antragsteller haben am 16. August 2017 Normenkontrollanträge gegen die 5. Änderung des Bebauungsplans „Leonhardshäusle“ gestellt. Zugleich haben sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO beantragt, mit welcher sie die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindern und erreichen möchten, dass der VGH den Bebauungsplan „Leonhardshäusle, 5. Änderung“ bis zur Entscheidung über ihre Normenkontrollanträge außer Vollzug setzt. Zur Begründung haben die Antragsteller geltend gemacht, bei der geplanten Einrichtung handele es sich nicht um eine Ballspielfläche für Kinder, sondern vielmehr um einen Bolzplatz zur sportlichen Betätigung von Jugendlichen und Erwachsenen. Denn im Bebauungsplan sei der Benutzerkreis nicht auf Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr beschränkt worden, auch sprächen Größe und Ausstattung der geplanten Einrichtung sowie deren räumliche Entfernung zu einem bereits vorhandenen Kinderspielplatz gegen eine Kinderspielfläche. In der irrigen Annahme, dass die Ballspielfläche unter die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG falle („Geräuscheinwirkungen, die von … Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung“), habe die Antragsgegnerin zu Unrecht keine Ermittlungen dazu angestellt, welche Geräuscheinwirkungen von der Anlage zu erwarten seien. Auch mit sonstigen Einwirkungen durch fehlgeleitete Bälle und Lärmeinwirkungen wegen missbräuchlicher und zweckentfremdeter Nutzung des Platzes (insbesondere durch Jugendliche) habe sich die Antragsgegnerin nicht auseinandergesetzt. Die Festsetzung sei ferner wegen ihrer geringen Entfernung zum Garten der Antragsteller – 7,50 m – nicht mit deren Interessen vereinbar.

 

Der 5. Senat des VGH hat die Anträge auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans abgelehnt, da die Normenkontrollanträge der Antragsteller keine hinreichende Erfolgsaussicht hätten und diese auch keinen hinreichend schwerwiegenden Nachteil dargelegt hätten. Voraussichtlich zu Recht habe die Antragsgegnerin § 22 Abs. 1a BImSchG für anwendbar gehalten. So könne allein maßgeblich sein, dass im Bebauungsplan auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ein Ballspielplatz für Kinder festgesetzt worden sei. Zwar könne im Einzelfall die Abgrenzung zu einem Bolzplatz, welche der spielerischen und sportlichen Betätigung Jugendlicher und junger Erwachsener diene und nicht in den Anwendungsbereich der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG falle, schwierig sein. Diese Abgrenzungsfragen stellten sich hier aber nicht, weil beim Vollzug des Bebauungsplans – durch Errichtung der konkreten Anlage – gewährleistet werden müsse und könne, dass im Wesentlichen nur Kinder bis 14 Jahren die Anlage nutzten und das Lärmprofil des Ballspielplatzes dem eines Kinderspielplatzes vergleichbar sei. Die Vorgaben im Bebauungsplan (Spielfläche max. 15 m x 30 m, zwei Fußballtore) stünden dem jedenfalls nicht entgegen, zumal ggf. eine kleinere Feldgröße gewählt oder auf das Aufstellen von Toren verzichtet werden könne.

 

Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Anlage missbräuchlich genutzt werde – etwa durch Jugendliche und Erwachsene zum „Bolzen“ oder in den Nachtstunden –, dem sei aber allgemein durch Schaffung einer Benutzungsordnung und mit den Mitteln des Ordnungsrechts zu begegnen. Einen Ausnahmefall von der Regelwirkung des § 22 Abs.1a BImSchG, etwa dergestalt, dass die geplante Einrichtung in der Nähe besonders schutzwürdiger Nutzungen liege oder sich nach Art und Größe nicht in die vorhandene Wohnbebauung einfüge, hätten die Antragsteller nicht dargelegt. Alleine die Nähe ihres Grundstücks zum Ballspielplatz führe mit Blick auf die Wahrung der Abstandsflächen und die Möglichkeit, Maßnahmen zur Störungsminimierung zu ergreifen, nicht zu einer Ausnahmesituation. Voraussichtlich ohne Erfolg bleibe auch der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe das Risiko anderer drohender Einwirkungen nicht hinreichend ermittelt. Aus der Abwägungstabelle ergebe sich, dass diese möglichen Folgen erkannt worden seien und ihnen mit Ballfangnetzen und ähnlichen Einrichtungen begegnet werden solle. Aus den Protokollen der Sitzungen des Gemeinderats ergebe sich, dass die Antragsgegnerin auch Standortalternativen untersucht und mit nachvollziehbaren Argumenten verworfen habe.

 

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Erfolgsaussichten der Normenkontrollanträge nicht abschließend abschätzbar seien, müssten die Anträge auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans erfolglos bleiben. Denn die Antragsteller hätten einen hinreichend schwerwiegenden Nachteil – als weitere Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO – nicht dargelegt. Es sei nicht zu erwarten, dass es infolge etwaiger Lärmimmissionen zu irreversiblen Grundrechtsbeeinträchtigungen kommen werde. Auch mit der Schaffung nicht mehr korrigierbarer Fakten sei nicht zu rechnen. Sollte es in Folge der kurzfristigen Einrichtung der Ballspielfläche zu nicht vorhergesehenen Belastungen kommen, bestünde für die Antragsgegnerin die Verpflichtung, zeitnah die Nutzung der Anlage – etwa durch Absperren der Anlage oder Beseitigung der Tore – zu unterbinden oder die Anlage ggf. zu beseitigen.

 

Der Beschluss vom 26. März 2018 ist unanfechtbar (5 S 1886/17). Im Anschluss an den Beschluss haben die Antragsteller ihre Normenkontrollanträge zurückgenommen.

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