Keine Großraumtransporte ohne Deutschkenntnisse

Datum: 28.07.2018

Kurzbeschreibung: Ein Transportunternehmen mit Sitz in Litauen (Klägerin) hat in zwei Instanzen ohne Erfolg gegen eine Auflage geklagt, wonach während des Großraumtransports in Deutschland stets eine sachkundige Person anwesend sein muss, die der deutschen Sprache mächtig ist. Bereits mit Urteil vom 15. Mai 2018 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) die Berufung der Klägerin gegen ein ihre Klage abweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juni 2017 zurückgewiesen.

Die in Vilnius ansässige Klägerin führt regelmäßig Großraumtransporte durch, für die sie in Deutschland eine Ausnahmegenehmigung nach der StVO benötigt. 2016 wurde ihr die beantragte (Dauer-)Ausnahmegenehmigung zur Beförderung von Ladungen mit Überbreite, Überhöhe und Überlänge auf Autobahnen und Kraftfahrtstraßen in der gesamten Bundesrepublik erteilt. Die Stadt Friedrichshafen als Genehmigungsbehörde fügte der Ausnahmegenehmigung jedoch verschiedene Auflagen bei, darunter auch die streitige „Sprachauflage“. Zur Begründung hieß es, dass Großraumtransporte die Straßen in einer Weise beanspruchen, für die die Straßen grundsätzlich nicht ausgelegt seien. Bei einer Dauererlaubnis für das gesamte deutsche Straßennetz könne es immer wieder zu unvorhergesehenen Situationen kommen, die eine Konversation in deutscher Sprache mit der Polizei oder anderen Behörden erforderlich mache, z. B. bei Umleitungen oder Unfällen.

 

Die Klägerin hat die Sprachauflage vor Gericht angefochten und dagegen unter anderem vorgebracht: Ihre Transporte würden die genehmigungsfrei vorgesehenen Maximalmaße nur unerheblich überschreiten, weshalb es schon an einer Gefahrenlage fehle. Die Sprachauflage sei außerdem zu unbestimmt, da Polizeibeamte bei Kontrollen häufig überzogene Anforderungen an die Sprachkompetenz stellen würden. Die Auflage diene letztlich allein dazu, den Einsatz von ausländischen Fahrern zu verhindern. Es genüge nämlich, wenn die Fahrer eine in ihre jeweilige Landessprache übersetzte Version der Ausnahmegenehmigung bei sich hätten. Die Polizei könne sich mit Handzeichen ausreichend verständlich machen. Die Sprachauflage schieße über das Ziel hinaus, da es jedenfalls genüge, wenn der Fahrer über rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge.

 

Wie schon das Verwaltungsgericht, hielt auch der 10. Senat des VGH die Sprachauflage für rechtens. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in der StVO und sei auch hinreichend bestimmt. Mit Blick auf Großraumtransporte sei eine Person der deutschen Sprache mächtig, wenn mit ihr eine Verständigung in typischen, mit der Nutzung der Ausnahmegenehmigung verbundenen Verkehrssituationen möglich ist. Soweit die Polizei die Sprachauflage bei Kontrollen im Einzelfall falsch auslege, seien daran anknüpfende Maßnahmen rechtlich überprüfbar. Die Sprachauflage sei auch nicht unverhältnismäßig. Es sei legitim, eine übermäßige Straßenbenutzung nur dann ausnahmsweise zu genehmigen, wenn hierdurch die Verkehrssicherheit nicht gefährdet werde, also eine Verkehrsbehinderung oder gar Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer weitgehend ausgeschlossen werden könne. Dies setze aber voraus, dass auch in unvorhergesehenen kritischen Situationen, wie beispielsweise bei Umleitungen, schwierigen Wetterverhältnissen oder Unfällen, eine Kommunikation der Polizei oder anderer Einsatzkräfte mit dem Fahrer (oder Beifahrer) möglich ist. Da es sich um eine (Dauer-)Ausnahmegenehmigung handele, die zahlreiche Fahrten ermögliche, sei das Risiko des Eintretens solcher atypischen Ereignisse nicht als gering einzuschätzen. Bloß rudimentäre Sprachkenntnisse seien zum Schutz der Verkehrssicherheit nicht ausreichend.

 

Es liege auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Entgegen der Behauptung der Klägerin seien die von ihr durchgeführten Großraumtransporte nicht mit genehmigungsfrei zulässigen „normalen“ Transporten vergleichbar. Zum Beispiel seien zahlreiche Straßen schon nicht breit genug, um einen Großraumverkehr aufnehmen zu können. Da das Spracherfordernis auch für die Mitbewerber der Klägerin gelte, liege auch insoweit keine Ungleichbehandlung vor. Schließlich sei die Sprachauflage auch mit Unionsrecht vereinbar.

 

Das Urteil des VGH ist seit 30. Juni 2018 rechtskräftig (10 S 1801/17).

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