Gemeinde Mönchweiler: Bebauungsplan "Sondergebiet Abfallentsorgung" unwirksam

Datum: 23.03.2018

Kurzbeschreibung: 
Der Bebauungsplan "Sondergebiet Abfallentsorgung" der Gemeinde Mönchweiler in den Fassungen vom 12. Mai 2016 und vom 21. Mai 2015 ist unwirksam. Die Gemeinde hat die Entwicklungsinteressen des im Plangebiet ansässigen Fachbetriebs zur Abfallentsorgung (Antragstellerin zu 1) und die Interessen der Eigentümerin des Betriebsgrundstücks (Antragstellerin zu 2) einerseits sowie die Schutzbedürftigkeit der Wohnbevölkerung in der Umgebung des Plangebiets andererseits nicht in dem erforderlichen Maß ermittelt und bewertet und damit zugleich fehlerhaft gegeneinander abgewogen. Diese Fehler führen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Das hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute verkündeten Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. März 2018 entschieden.

Die Antragstellerin zu 2 erwarb im Jahr 2008 von der Antragsgegnerin Flächen im Plangebiet, um dort eine weitere Betriebsstätte der Antragstellerin zu 1 zu errichten und deren Betrieb teilweise zu verlegen. Die Antragsgegnerin beschloss u.a. für diese Flächen im Jahr 2008 einen Bebauungsplan, der diese Vorhaben ermöglichte. Auf dessen Grundlage erhielt die Antragstellerin zu 1 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb mehrerer immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtiger Anlagen zur Behandlung und Lagerung von - auch gefährlichen - Abfällen.

In der Folgezeit entwickelte sich eine breite öffentliche Diskussion über mögliche Gesundheitsgefahren für die Wohnbevölkerung aufgrund der betrieblichen Tätigkeit der Antragstellerin zu 1. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass ihr Bebauungsplan aus dem Jahr 2008 wegen formeller Mängel unwirksam war, leitete sie im Jahr 2013 ein neues Bebauungsplanverfahren ein. Am 21. Mai 2015 beschloss der Gemeinderat für das Betriebsgelände der Antragstellerin zu 1 den Bebauungsplan "Sondergebiet Abfallentsorgung". Dieser schränkt die Zulassung neuer Abfallentsorgungsanlagen sowie die Änderung bestehender Anlagen ein. Am 10. September 2015 stellten die Antragstellerinnen Normenkontrollanträge gegen den Bebauungsplan. Anschließend führte die Antragsgegnerin ein ergänzendes Verfahren zur Behebung formeller Mängel durch. Am 12. Mai 2016 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan "Sondergebiet Abfallentsorgung" erneut als Satzung. Auch dagegen wandten sich die Antragstellerinnen mit ihren Normenkontrollanträgen. Die Normenkontrollanträge hatten in vollem Umfang Erfolg.

Zur Begründung hat der Vorsitzende des 5. Senats bei der mündlichen Urteilsverkündung im Wesentlichen ausgeführt: Die Gemeinde habe beim Erlass des Bebauungsplans die widerstreitenden Interessen der Antragstellerinnen auf der einen Seite und die Schutzbedürftigkeit der Wohnbevölkerung in der Umgebung des Plangebiets auf der anderen Seite nicht in dem erforderlichen Maß ermittelt und bewertet sowie zugleich fehlerhaft gegeneinander abgewogen. Zwar sei das von der Gemeinde verfolgte Ziel, vorbeugenden Immissionsschutz mit Mitteln des Bauplanungsrechts anzustreben und unverträgliche Nutzungen wie Industriebetriebe und Wohngebiete weitläufig zu trennen, grundsätzlich sachgerecht.

Im vorliegenden Fall habe die Gemeinde in ihrer Abwägung jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich ihre Planung und die damit einhergehenden Einschränkungen der baulichen Nutzung auf einen bereits bestehenden und immissionsschutzrechtlich genehmigten Betrieb bezögen und dass dieser Betrieb auf der Grundlage eines Vertrages zwischen den Antragstellerinnen und der Antragsgegnerin im Plangebiet angesiedelt worden sei. Die Antragsgegnerin müsse daher die Interessen der Antragstellerinnen näher ermitteln und bewerten und davon ausgehend Einschränkungen der künftigen Entwicklung des Betriebes und der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks auch konkret rechtfertigen. Allein die von ihr angeführte Sensibilisierung der ortsansässigen Bevölkerung und deren allgemeine Sorge um mögliche schädliche Einwirkungen aufgrund der Behandlung gefährlicher Abfälle reichten dafür nicht. Derzeit sei insbesondere ungeklärt, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang sich betriebliche Aktivitäten der Antragstellerin zu 1 ohne die festgesetzten Nutzungseinschränkungen negativ auf eine möglicherweise schutzwürdige Umgebung auswirken könnten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (5 S 1873/15).

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