Abfallwirtschaftssatzungen Landkreis Ludwigsburg: Urteilsgründe liegen vor

Datum: 25.05.2023

Kurzbeschreibung: 

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Urteil vom 27. April 2023 Normenkontrollanträge gegen die Abfallwirtschaftssatzungen des Landkreises Ludwigsburg der Jahre 2021 und 2022 abgewiesen (siehe bereits Pressemitteilung vom 3. Mai 2023). Zu diesem Urteil liegen nun die Urteilsgründe vor.

Abfallwirtschaftssatzungen Landkreis Ludwigsburg: Urteilsgründe liegen vor

Die Antragsteller, die im Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg (IMLB) aktiv sind, wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen den Ansatz von Rückstellungen für die Kosten der Stilllegung und der Nachsorge der Deponien „Am Lemberg“ und „Burghof“ in Höhe von insgesamt 3,5 Mio. EUR jährlich in den Kalkulationen der Abfallgebühren für die Jahre 2021 und 2022. Die Nutzung der Deponien war bereits in den Jahren 1989 bzw. 2005 eingestellt worden.

Der 2. Senat des VGH hat mit dem Urteil vom 27. April 2023 entschieden, dass die angegriffenen Gebührensatzregelungen in den Abfallwirtschaftssatzungen rechtmäßig sind und die hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragsteller nicht durchgreifen. Zur Begründung führt er aus: Der Ansatz der Rückstellungen für die Kosten der Stilllegung und der Nachsorge der Deponien in den Gebührenkalkulationen verletze nicht das sogenannte Kostenüberschreitungsverbot. Die Rechtsgrundlage des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG, wonach bei der Gebührenbemessung auch die Zuführung zu Rücklagen oder Rückstellungen für die vorhersehbaren späteren Kosten der Stilllegung und der Nachsorge berücksichtigt werden soll, sei in zeitlicher Hinsicht auch anwendbar, wenn die Ablagerungsphase einer Deponie bereits beendet sei. Der Wortlaut der Vorschrift und ihre Entstehungsgeschichte stünden dieser Auslegung der Vorschrift nicht entgegen. Entscheidend für eine Anwendbarkeit des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG auch nach dem Ende der Ablagerungsphase spreche die Erwägung, dass Gebührensprünge vermieden werden sollten. Dieses Ziel habe auch der Gesetzgeber verfolgt. Besonders kostenintensive Maßnahmen der Stilllegung und der Nachsorge - wie etwa Maßnahmen der Oberflächenabdichtung und der Rekultivierung - würden während der langen Stilllegungs- und Nachsorgephase einer Deponie innerhalb von nur wenigen Jahren durchgeführt. Nur im Fall einer Anwendbarkeit des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG auch während der Stilllegungs- und Nachsorgephase könne dennoch - im Interesse des Trägers der Abfallentsorgungseinrichtung und der Gesamtheit der Gebührenschuldner - eine relativ gleichmäßige Gebührenbelastung erreicht werden. Käme nach dem Ende der Ablagerungsphase einer Deponie lediglich die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 c KAG zur Anwendung, wonach die Kosten der Stilllegung und der Nachsorge erst in dem Gebührenjahr angesetzt werden dürften, in dem sie tatsächlich anfielen, hätte dies erhebliche Gebührensprünge in den Jahren zur Folge, in denen die Maßnahmen der Stilllegung und der Nachsorge tatsächlich durchgeführt würden.

Es komme hinsichtlich der Deponie „Am Lemberg“ wegen einer gesetzlichen Übergangsregelung nicht auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage an, ab welchem Zeitpunkt Kosten der Stilllegung und der Nachsorge vorhersehbar gewesen seien. Die Frage der Vorhersehbarkeit sei allerdings relevant für die Kosten der Stilllegung und Nachsorge, die durch die Benutzung der Deponie „Burghof“ im Zeitraum vom 7. Oktober 1996 bis zum 31. Mai 2005 verursacht worden seien. Insoweit greife allerdings der Einwand der Antragsteller, diese Kosten seien schon während der Ablagerungsphase der Deponie im Jahr 2005 vorhersehbar gewesen, nicht durch. Dem Kreistag sei hinsichtlich der auf der Grundlage eines eingeholten Fachgutachtens zu prüfenden Vorhersehbarkeit bzw. Erforderlichkeit der Kosten der Stilllegung und der Nachsorge ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der beim Beschluss über die Gebührensätze der Jahre 2021 und 2022 nicht überschritten worden sei. Als Gründe für prognostizierte Kostensteigerungen - insbesondere im Hinblick auf die notwendige Oberflächenabdichtung und Rekultivierung der Deponie - seien seitens des Landkreises insbesondere Änderungen der rechtlichen Grundlagen, die zu einer Verlängerung der Laufzeit der Deponie und gesteigerten Qualitätsanforderungen geführt hätten, technische Fortentwicklungen sowie eine Preissteigerung in der Baubranche angeführt worden. Die von den Antragstellern hiergegen erhobenen Einwände seien nicht berechtigt.

Der 2. Senat folgte schließlich nicht der Argumentation der Antragsteller, die Kosten für die Rückstellungen hätten nicht nach dem aktuellen Umfang der Benutzung der Einrichtung auf die jeweiligen Benutzergruppen verteilt werden dürfen, sondern hätten entsprechend dem Umfang der Inanspruchnahme der Deponien durch die damaligen Benutzergruppen während der Ablagerungsphase verteilt werden müssen. Nach der Argumentation der Antragsteller blieben andernfalls die Hauptverursacher des auf den Deponien verfüllten Abfalls, nämlich die gewerblichen Direktanlieferer, bei der Gebührenbemessung „außen vor“ und die Kosten der Stilllegung und Nachsorge gingen vor allem zulasten der privaten Haushalte. Der 2. Senat erachtete dementgegen die Kostenverteilung nach dem aktuellen Benutzungsumfang für rechtmäßig und geboten. Zur Begründung stellte er vor allem darauf ab, dass nach einer besonderen gesetzlichen Regelung im Kommunalabgabengesetz zu der von den heutigen Benutzern in Anspruch genommenen öffentlichen Einrichtung der Abfallentsorgung auch stillgelegte Anlagen zählten, solange sie der Nachsorge bedürften. Dies sei bei den Deponien „Am Lemberg“ und „Burghof“ der Fall; die Rückstellungen für die Kosten der Stilllegung und Nachsorge dieser Deponien nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG seien deshalb aktuelle Kosten der öffentlichen Einrichtung, die von den aktuellen Benutzern zu tragen seien.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann der Landkreis binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht einlegen (Az. 2 S 1/22).

 

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