Bürgermeister muss Äußerungen über Ortsvorsteher widerrufen

Datum: 22.12.2009

Kurzbeschreibung: Der Bürgermeister der Stadt Meßstetten muss seine Äußerungen über die Amtsführung eines Ortsvorstehers in einem im Zollern-Alb-Kurier erschienenen Leserbrief widerrufen. Das hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem jetzt bekannt gegebenen Beschluss vom 26.11.2009 entschieden und den Antrag der beklagten Stadt auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 10.03.2009 - 3 K 859/08 - weitgehend abgelehnt. Nur soweit das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt hat, den Widerruf außer im Zollern-Alb-Kurier auch im städtischen Amtsblatt zu veröffentlichen, hat er die Berufung zugelassen (Az. 4 S 1058/09).

Der Bürgermeister der beklagten Stadt hatte nach seiner Wiederwahl im Dezember 2007 in einem im Zollern-Alb-Kurier erschienenen Leserbrief vom 08.01.2008 den kurz zuvor erklärten Rücktritt des Klägers von seinem Amt als Ortsvorsteher kommentiert und geschrieben, es hätten „erhebliche Probleme bei der Amtsführung des Ortsvorstehers bestanden, wenn man an den Rückstand bei den Ortschaftsprotokollen denkt“, und der Kläger habe „anlässlich der Bürgermeis-terwahl … Aktivitäten unterhalb der Gürtellinie entfaltet, welche die Frage eines Amtsenthebungsverfahrens aufkommen ließen“. Nach einem erfolglosen Antrag an die beklagte Stadt wandte sich der Kläger an das Verwaltungsgericht Sigmaringen, das die Stadt daraufhin verurteilte, die genannten Äußerungen des Bürgermeisters durch Abgabe einer Erklärung gegenüber der Redaktion des Zollern-Alb-Kurier innerhalb von 10 Tagen nach Rechtskraft des Urteils zu widerrufen. Außerdem sei der Widerruf auch in der auf die Rechtskraft des Urteils folgenden nächsten Ausgabe des Amtsblatts der beklagten Stadt zu veröffentlichen. Der Antrag der beklagten Stadt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, blieb überwiegend erfolglos.

Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass dem Kläger als (ehemaligem) Ortsvorsteher aufgrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht seines Dienstherrn ein Anspruch auf Widerruf der genannten Äußerungen des Bürgermeisters in dessen Leserbrief vom 08.01.2008 zustehe, entschied der VGH. Diesen Anspruch habe der Kläger weder wegen seiner kritischen Darstellungen im Jahresrückblick 2007 noch wegen seiner Flugblattaktion bezüglich des Feuerwehrfahrzeugs in Tieringen noch wegen anderer vom Beklagten aufgezeigter Aktionen verloren. Der Vorwurf der beklagten Stadt, das Verwaltungsgericht habe die Öffentlichkeitswirksamkeit und Tragweite der klägerischen Aktionen verkannt, sei unberechtigt. Nicht zweifelhaft sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Leserbrief des Bürgermeisters sei nicht das im konkreten Fall geeignete und zulässige Mittel gewesen, um auf die Aktionen des Klägers - soweit diese überhaupt öffentlichkeitswirksam gewesen seien - zu reagieren. Insbesondere das Rücktrittsgesuch des Klägers, das ausschließlich mit dem Hinweis auf eine gewachsene berufliche Belastung begründet worden sei, könne die negativen Äußerungen des Bürgermeisters über die Amtsführung des Klägers nicht rechtfertigen. Dies führe - entgegen der Befürchtung der beklagten Stadt - nicht dazu, dass sich ein Bürgermeister gegen Angriffe eines Ortsvorstehers im Bürgermeisterwahlkampf nicht mehr zur Wehr setzen könnte, so der VGH weiter. Denn die Ausführungen des Verwaltungsgerichts bezögen sich lediglich auf den im Zollern-Alb-Kurier abgedruckten Leserbrief des Bürgermeisters in seiner konkreten Form. Eine (angemessene) Reaktion auf öffentlichkeitswirksame Maßnahmen eines Gemeindebeamten werde einem Bürgermeister damit keineswegs verwehrt. Deswegen habe die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Ernstlichen Zweifeln begegne dagegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Beklagte den Widerruf auch in ihrem Amtsblatt veröffentlichen müsse, obwohl der Leserbrief des Bürgermeisters dort gar nicht abgedruckt worden sei, heißt es in dem Beschluss des VGH weiter. Hierzu könne die Beklagte allenfalls dann verpflichtet sein, wenn der Zollern-Alb-Kurier den Widerruf des Bürgermeisters nicht veröffentliche. Zu einer Veröffentlichung des Widerrufs in ihrem Amtsblatt hätte die Beklagte daher nur unter einem entsprechenden Vorbehalt verurteilt werden dürfen. Deshalb sei die Berufung insoweit zuzulassen.

Soweit der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung abgelehnt wurde, ist der Beschluss rechtskräftig. Ein Verhandlungstermin für die Berufung, soweit sie zugelassen wurde, ist derzeit noch nicht absehbar (Az. 4 S 2680/09).


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